Über Egozentriken in der Online-Kommunikation

Warst du schon mal bei einem Date und dein Gegenüber hat nur von sich geredet? Du bist hoffentlich gegangen. Wenden wir diese Erfahrung mal auf die Begegnung mit Websites an.

Ist der Besucher einer Website in erster Linie an einer fein formulierten, ausgefeilten Selbstdarstellung eines Unternehmens interessiert oder eher auf der Suche nach konkreten Informationen, Services oder Produkten? Logisch, zweiteres – denkst du jetzt. Aber wenn du dich im Netz umsiehst, wirst du merken, dass die Frage nicht so absurd ist, wie du eben unterstellt hast. Der Großteil von Websites „spricht“ tatsächlich am liebsten über sich selbst. Eitle Geschöpfe. 24/7 auf Sendung.

Übertragen wir das ein zweites Mal in die analoge Welt. Dann ist die Absurdität noch deutlicher. Du betrittst den schicken neuen Laden in deiner Straße und bist voller Vorfreude, die Kennenlern-Angebote und Produkte für dich auszuloten. Denn von außen war nicht ganz zu erkennen, was man nun konkret kaufen kann. Du betrittst den Laden und der Verkäufer oder die Verkäuferin läuft direkt auf dich zu. Läuft soweit gut. Er oder sie begrüßt dich kurz darauf mit folgenden, wohlklingenden Sätzen: 

„Wir sind ein leistungsstarkes Unternehmen mit Innovationskraft, Kreativität und Flexibilität. Unser Team besteht aus markterfahrenen Experten, die seit 25 Jahren ganzheitlich verkaufen. Unsere fachliche Kompetenz zeichnet sich durch die Qualität unseres Denkens und Handelns aus. Das Fundament unserer Kompetenz liegt in unserer Ausbildungsexzellenz und im kundenorientierten Engagement. Kompetenz ist für uns kein Selbstzweck. Kompetent sein bedeutet für uns, auch zuhören zu können.“ Und so weiter. Und so fort.

Uff. Das waren drei lange Minuten. Du willst nicht unhöflich sein, zeigst aber erste Ermüdungserscheinungen. Du fragst nach dem Preis eines interessanten Buches, dass du eben erspäht hast. Die Veröffentlichung, von der Kritik hoch gelobt, ist bereits auf der Bestseller-Liste angekommen. Es ist also absolut dein Ding. Die Antwort deines Verkäufers oder deiner Verkäuferin folgt auf den Fuß: „Wir sollten in Ruhe darüber reden, damit ich dir ein erstes unverbindliches Angebot dafür machen kann. Die Märkte stecken voller Herausforderungen, die wir jeden Tag mit Bravour meistern und wir sollten darüber reden, wie du das Buch einsetzen wirst….“…Rauschen in deinem Ohr. Natürlich war‘s das für dich. Du hast keinen Bock mehr und willst nur noch gehen.

Wenige Sekunden später verlässt du den Laden als stolzer Besitzer eines – na, was? Buches? – nein, eines Geschäftsberichtes im formschönen Format mit edlen Grafiken und Bildern, dass dir der Verkäufer auf dem Weg nach draußen noch aufgedrängt hat. Sieht teuer aus. Gelernt ist gelernt. Und das Buch? Hast du in einem anderen Laden zufällig wiederentdeckt und direkt gekauft. Und weil das Verkaufsteam dort echt nett war, hast du den Laden direkt ein paar Freunden empfohlen.

Fazit: Websites und ihre Inhalte sollten fokussiert und auf den Bedarf der Kunden zugeschnitten sein und im Idealfall zu einem Anlaufpunkt oder auch treuen Begleiter auf ihren Wegen werden. Mit egozentrischen, für die Ewigkeit geschriebenen Darstellungen auf Websites verhält es sich wie mit egozentrischen Menschen: Wir mögen sie einfach nicht und meiden sie so gut es geht. Wieviel Aufmerksamkeit möchte man schon jemandem schenken, der kein anderes Thema kennt, als nur sich selbst…

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